Teil 11: Und nu? Helfer in der Not.

"Da muss noch was festeres drunter", so der ältere Herr. Aber was soll das hier am Strand sein? Mein Mann machte sich mit ihm auf die Suche. Ich krabbelte noch weiter unter das Auto. Der Sand war ganz fest um das Rad und in den Radkasten rechts und links gepresst. Langsam wurde es frei. Mein Mund war trocken, ich konnte kaum schlucken.

Doch ich hatte den Antrieb, da wieder raus zu kommen, so lange die Flut noch weit weg war, Licht vorhanden und vor allen Dingen Menschen, die uns helfen konnten – das taten sie alleine durch ihre wohlwollende, positive Präsenz. Alle eingebrachten Ideen wurden umgesetzt und ausprobiert. Minu war ganz ruhig in ihrer Transportkiste. Wahrscheinlich die ruhigste von uns allen. 

Mein Mann kam mit einem großen Betonstück wieder, (wie hatte er das blos tragen können?), auch der nette Helfer brachte Beton mit, was wohl von den Bunkern abgebrochen war. Die wollten sie unter das rechte Vorderrad legen. Wir buddelten, was das Zeug hält. Reicht nicht, noch tiefer. Ich wollte den Unterboden vorne noch weiter frei legen, weil ich Angst hatte, wir würden uns den beim Rausfahren aufreißen. Nein, das würde nicht passieren, wir würden hoch kommen, keine Gefahr. Ich glaubte einfach den Menschen um mich herum.

Wir könnten es probieren. Ich solle wieder fahren, weil mein Mann mehr Kraft zum Schieben hätte, die Heckklappe aufmachen, dann könnten sie alle von hinten schieben und ich sollte links runter Richtung Meer fahren, wo fester Boden sei. Wir schauten uns die Stelle links an, um nicht ins Meer zu fahren. Ja, das müsste gehen. Vorne rechts unter dem Reifen lagen die Betonstücke, hinten standen die drei Senioren und mein Mann. 

"OK, jetzt Gang rein uns los!" Das machte ich vorsichtig. Erst bewegte sich der Wagen nicht, dann ein wenig und dann fuhr ich aus der Kuhle raus, Richtung Wasserkannte. Ich stoppte gar nicht erst, sondern fuhr noch einige Meter weiter, so dass der Wagen wirklich wieder festen Boden unter sich hatte. Hinter mir hörte ich ein Jubeln und sah glückliche Gesichter. Ich stoppte den Wagen, mehrere schwere Betonblöcke waren mir vom Herzen gefallen. WAS FÜR EIN GLÜCK!

Ich lief sofort zu unseren Helfern zurück, hob die Arme und umarmte einen nach dem anderen. Die kölsche Herzlichkeit bekamen sie körperlich zu spüren.

"Vielen Dank, dass Sie uns geholfen haben. Ohne Sie hätten wir das nicht geschafft. Sie sind unsere Engel." Ich sagte, wir würden nie wieder am Strand fahren. Eine Helferin guckte lachend: "Ach wieso, das kann doch mal passieren. Gestern haben wir auch einem geholfen, der sich festgefahren hatte." :-)

Auf dem Rückweg nach Noerre Lyngby, wo wir auf den Strand aufgefahren waren, fuhren wir mit so großer Vorsicht wie möglich, der Boden wurde mit den Augen abgesucht. Das Gefühl, dann endlich wieder Asphalt unter den Reifen zu haben: Unbeschreiblich sicher! Es war offensichtlich nichts am Auto dran. Wir hatten das Abenteuer unbeschadet überstanden. HÜPF!

Am ersten Supermarkt hielten wir an, um etwas zu trinken zu kaufen. "Weißt du, worauf ich jetzt richtig Lust hab? Auf Fritten!" Auf keinen Fall hatte ich nach der Anstrengung noch Lust, zu Hause etwas zu kochen. Mein Mann auch nicht. Wir waren von oben bis unten voll Sand. Das Auto innen und außen voller weißen Körner. Jetzt musste diese Belohnung sein. Wir fanden neben einem Imbiss in Loekken gleich einen Parkplatz, konnten draußen in der Sonne mit Minu sitzen und unseren Schock bei Fritten, für meinen Mann mit Bratfisch verdauen.   

Zu Hause steckte ich unsere Sachen in die Waschmaschine, die für mich so wichtig war, damit ich meine Kompressionswäsche alle zwei Tage waschen konnte. Wir machten den frisch erstandenen Sichtschutz auf dem Balkon fest. Anschließend wuschen wir uns den Sand aus den Ohren. Durchatmen. Was für ein Tag!

Rückblickend (heute am 2. Advent 2017 in Köln, wo ich diesen Text für die Veröffentlichung überarbeite und illustriere) bleibt ein schönes Gefühl zurück. Es war aufregend und so berührend, wie uns geholfen worden war und wir auch offen für Hilfe waren.

Es wäre für meinen Geschmack völlig ausreichend gewesen, wenn wir ab da keine Abenteuer mehr gehabt hätten. Doch es sollte anders sein...

Hier geht es weiter mit Teil 12: Die nächste Prüfung überrascht uns am Abend

* * * Bisher erschienen:

Dänemark - eine besondere Urlaubsreise - erzählt in 24 Episoden

Teil 1: Angekommen am Meer - Das Ferienhaus

Teil 2: Das erste mal am Strand - wo ist der Ausgang?

Teil 3: Schöner Bummel-Sonntag in Loekken

Teil 4: Die erste Prüfung beginnt

Teil 5: Pech und Glück liegen nah beieinander. Wilde Blüten und Strandbuggyspaß

Teil 6: Aktiv werden. Wie kann ich mir beistehen?

Teil 7: Es tut sich was. Hoffnung. War das denn immer schon so? Hochsensiblität.

Teil 8: Die Chancen im Unglück entdecken – Entscheidung

Teil 9: Die Stärke der Natur und wie kommen wir da blos wieder raus?

Teil 10: Festgefahrene Situation

Auf spannendes weiterlesen ... und ein Happy End,

Ihre Anja Kolberg

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Erstellt durch: Anja Kolberg am Montag, 11 Dezember, 2017
Thema: Blog - 2017, 2. Halbjahr, Blog - Dänemark, Blog - Dunkle Tage
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