Eintauchen in eine andere Welt - Reiseziel: Eine einfache Holzhütte am Meer (DK 2016 - Teil 1)

Donnerstag morgen, 20. Oktober, es ist kurz vor acht, langsam wird es heller in Köln. Der Himmel grau, es hat (endlich) geregnet. Herbstwetter. So anders die Welt, in der ich vor einigen Wochen war. Dorthin möchte ich jetzt wieder eintauchen. Mir das Erleben zurück holen, mich erinnern. Und Sie nehme ich einfach mit - ans Meer, wo die Sonne scheint und Körper, Seele und Geist auftanken können und zur Ruhe kommen.

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Wir reisen zum neunten Mal nach Dänemark, dieses Mal an einen Ort ca. 850 km von Köln entfernt, südlich des Limfjords an die Nordseeküste.

Morgens früh um halb vier startet mein Mann unseren voll gepackten Wagen. Ich bin um diese Zeit noch nicht fahrfähig, zuviel Schlaf fehlt mir. Wir sind um halb drei aufgestanden. Mein Mann will die Strecke alleine fahren. Das ist ihm lieber, weil wir so früher loskommen. Ich wäre erst bei Aufstehen um fünf, halb sechs einsatzfähig. Unsere Stressstelle auf dem Weg ist wie immer Hamburg.

Wir wollen möglichst früh durch den Elbtunnel sein, bevor der Verkehr beginnt. Nach Bremen die erste Umleitung. In Hamburg, wo wir gegen acht Uhr den Elbtunnel (Bild oben vom letzten Jahr vor dem Tunnel) passieren, folgt dann wie angekündigt eine Sperrung der Autobahn. Wir werden dank Navy von der Autobahn ab und durch einen Stadtteil gelotst und landen wieder auf der Autobahn. Auf diesem Stück erstaunlicherweise kein Stau, obwohl wir einige Ampeln passieren und durch Wohngebiet fahren. Stunden später, wie wir hören, sah das ganz anders aus. So hatten wir Glück und ich gestehe mir ein: Ein Navygationsprogramm ist doch nicht sooo schlecht. Mit einer Karte und Umleitungsschildern (die ich nicht gesehen habe) wäre das viel stressiger geworden.

Unsere Hündin Minu verbringt die Zeit brav in ihrer Hundebox. Darin kann sie aufstehen, sich drehen, schnarchen, ein bisschen was mitbekommen und Leckerchen vernaschen.

Die erste Rast steht an. Auf keinen Fall mehr Quickborn habe ich mir das letzte Mal geschworen. Dieser Rastplatz war so überfüllt und mit Minu einige Schritte gehen, das war keine schöne, sondern eine sehr vermüllte und schmutzige Sache. Diesmal steuern wir Brokenlande an. Ruhig, grün, sauber. Für die Rast bereite ich zu Hause für mich Sojaschnitzel (Aldi) vor, die ich im Backofen anröste. Für meinen Mann sind Frikadellen im Korb. In der Raststätte hole ich heiß gebrühten Kaffee und Tee sowie frische Brötchen. Nur ein Messer habe ich vergessen. Der nette Herr hinter der Kasse leiht mir das, um die Brötchen kurz aufzuschneiden. Freundlich, hilfsbereit - besser geht es nicht. Dort machen wir beim nächsten Mal wieder Rast. In Ruhe genießen wir mit unserer Hündin am Auto unser Frühstück, vertreten uns die Beine. Dann geht es zur nächsten Etappe Richtung Norden.

Um viertel nach zehn passieren wir die Grenze Richtung Dänemark. (Oben ein Bild aus dem letzten Jahr.) Es staut sich ein wenig, denn es gibt wieder Grenzkontrollen. Wir sind gut unterwegs, wir haben noch so viel Zeit, bis wir in unser Haus können ...

Während ich mir überlege, was wir erleben können, wenn wir oben angekommen sind und noch Zeit haben, staut sich plötzlich der Verkehr auf der sonst so ruhigen Autobahn in Dänemark. Über eine Stunde schleichen wir mit all den vielen Pkw (wo kommen die plötzlich her?) voran, bleiben immer wieder stehen. Der typische Dänemark-Urlauber auf der Autobahn gen Norden: Vollgepackt, zum Teil Fahrräder im Gepäck, meist ein Hund dabei und durch die Fenster sieht man Hundekörbchen oder Näpfe raus schauen...

Jetzt wissen wir, warum der Stau da ist: Die Autobahn ist gesperrt. Wir müssen abfahren. Verwirrung, keine Umleitung - wo lang? Nun kommt meine manuelle Karte zum Einsatz. Ich führe uns übers Land zu nächsten Autobahnauffahrt kurz vor Haderslev. Anderthalb Stunden haben wir insgesamt mit Stau und Umleitung gebraucht. Nun denn, wenigstens sind wir sonst gut durch gekommen. Der weitere Weg herauf zieht sich, um halb drei holen wir endlich den Schlüssel in der Ferienhausvermittlung ab. Das war eine Fahrt.

Nach elf einhalb Stunden unterweg sein erreichen wir ein kleines Ferienhausgebiet mit ca. 40 in den 70er Jahren gebauten Holzhäusern, die recht eng zusammen stehen, wie in einem Schutzraum zum Meer. Einfache Ausstattung, unterschiedlicher Renovierungsstand.

Drumherum: Weiden, eine Ponykoppel, Äcker, Windräder, Bauernhöfe, Dünen, Klippen mit einer Kirche und einem Leuchtturm.

Der Himmel bei der Ankunft: Blau. Es ist angenehm warm. Es gibt in dieser Siedlung, anders als wir es bisher gewohnt sind, einen gepflegten Rasen zwischen den Häusern. Sonst war es meistens wilde Heide- oder Dünenlandschaft, die ungestört vor sich hinwuchs. Hier gibt es eine Art Hausmeister, der sich um die Rasenpflege kümmert. Wir fahren den Schotterweg langsam durch die Häuserreihen, bis wir unser Haus entdecken. Als wir aussteigen, grüßt ein dänisches Pärchen auf der Terrasse neben uns. Ich schätze beide um die 70 Jahre. Die hier typischen kleinen Wagen stehen vor der Hütte. Große Pkw sieht man hier eher in den großen Städten.

Spannend ist immer wieder: Wie ist das Ferienhaus? Wie die Einrichtung? Fotos zeigen eben nicht alles. Wir hatten schon neue Häuser, ältere, Steinhäuser, Holzhäuser mit unterschiedlichem Renovierungsstand. Für uns zählt die Lage und Aussicht meist mehr (und für meinen Mann ganz wichtig: WLAN.) Meist nutzten wir die moderne Ausstattung nicht, weder den öfter vorhandenen Whirlpool (nur einmal, ich fand die obligatorische Chlortablette im Wasser jedoch sehr unentspannend), noch Sauna, Trockner oder Waschmaschine. Dieses Mal haben wir das erste Mal ein älteres Haus, das aber ein verlockendes Plus hat.

Die weiße Haustüre des blauen Häuschens wirkt einladend. Drinnen auf den ersten Blick alles ok. Ein großer Wohnraum, alles hell gehalten mit Küchenzeile, Essplatz und Couch mit TV und Kaminofen (die beiden streiten sich allerdings um ihren Platz, wie das auch immer gehen soll, wenn der Kaminofen an ist ...). Ein sauberes Badezimmer mit Dusche in einer Nische, Warmwasserboiler und WC und großem, modernen Waschtisch.

Drei kleine Schlafzimmer, eines mit Doppelbett, eines mit über Eck stehenden Einzelbetten und eines mit Etagenbetten. In letzterem sind die dunklen Holzwände nicht geweißt, sondern wohl noch in ihrem naturfarbenen Ursprungszustand. Kleiderschränke gibt es wie wir schon erlebt haben nicht, dafür sind Nischen mit Brettern und Kleiderstange in die Wände eingelassen. Die sonst typische und so praktische Kleiderleiste mit Haken an der Wand fehlt. Die Schlafräume liegen meist auf der ruhigeren Rückseite des Hauses, abgewandt von der Wind- und Wetterseite. So auch hier. Als Nachttisch halten weiße, aussortierte Bistrostühle her. Die Matratzen weich im Doppelbett, hart in den Einzelbetten. Aus dem Schlafzimmerfenster schauen wir auf einen kleinen Hügel mit riesigen Wildrosenbüschen, die in pink und weiß zwischen den orangeroten Hagebutten blühen.

Die weiße Ledercouch ist durchgesessen und abgewetzt. Gut so, dann brauchen wir uns keine Gedanken machen, dass wir bzw. eher unsere Hündin etwas beschädigt oder verschmutzt. Ein schwarzer Fernsehsessel trohnt vor dem einfachen Couchtisch. Leicht klebrig die Armablagen. Ich habe genügend Spannbetttücher zum Überziehen auch für die Sitzmöbel dabei, damit wir uns trotzdem wohlfühlen können. Mit den Jahren haben wir dazu gelernt... Das mache ich alleine schon wegen unserer Hündin, die wir nicht davon abhalten können, auf die Couch zu springen. Die Farben sind insgesamt in weiß-schwarz gehalten, ein moderner Teppich im Wohnzimmer und im Essbereich. Darunter auf dem Boden in der ganzen Hütte PVC in einem modernen Holzmuster, das macht einen frischen Eindruck.

Die Wände und Decken unseres Häuschens sind länger nicht mehr gestrichen worden. Die weiße Farbe ist übersäht mit toten Mücken und an den Ecken abgewetzt. Mit dem Streichen wurde es nicht so genau genommen, die unteren Bereiche der Regale sind nur so weit gestrichen wie man im Stehen schauen kann. Irgendwie ein entspanntes Gefühl.

Es gibt wenig Stauraum für die Kleidung und Lebensmittel. Da wir nur zu zweit sind, hält das dritte Zimmer mit Etagenbett und einer Kühlgefrierkombination (die wir nicht nutzen) als Gepäck- und Stauraum her. Die Küchenschränke werden etwas umgeräumt, damit Platz für die mitgebrachten Vorräte ist. Die Arbeitsplatten der Küchenzeile werden erst mal abgewischt, auch die Tische und einiges an Porzellan und Besteck gespült, was wir brauchen werden.

So richtig genau nahmen die Vorbesitzer es mit der Sauberkeit bis auf das Bad nicht. Damit muss man wohl leben, wenn die Endreinigung nicht obligatorisch ist. Die grauen Plastikgriffe der einfachen weißen Küchenzeile sind abgewetzt, der Kunststoff bröckelt ab. Eine Überwindung zu Beginn, sie anzufassen. Warum werden die nicht ausgetauscht? So günstig wäre mehr Wohlfühlen hergestellt. Auch der Geruch in den Räumen ein wenig verlebt, das berichten uns auch Urlauber aus anderen Häusern. Egal, wir haben dafür etwas mitgebracht und lüften ausgiebig. Mit der Zeit, wenn wir unseren eigenen Dreck hinterlassen haben, macht uns das alles nichts mehr aus. ;o)

Wir haben, was wir brauchen: Kühlschrank, Herd, Spüle - wir werden mit der Hand spülen, da es keine Spülmaschine gibt, was ich im Urlaub ziemlich gemütlich finde und einen großen Esstisch mit vier Stühlen vor dem Terrassenfenster. Die braunen Innentüren quietschen, die Türgriffe sind zum Teil alt und neu, gegen manche Türe müssen wir uns stemmen, um sie auf zu bekommen. Wir finden später heraus, dass die Hütte wohl einer älteren Dame gehört. Vielleicht hat sie selbst nicht die Möglichkeit, alles in Stand zu halten? Wir wissen es nicht. Wir sind froh, dass sie die Hütte dennoch vermietet. So wie sie ist.

Die Hütte ist von außen blau angestrichen, die Farbe blättert bei näherem Betrachten vom Holz. Die salzige Luft lässt Nägel schneller rosten. Das sieht man an den Deckenpanelen des Dachüberstandes auf der Veranda und an der Metallplatte des Kaminofens außen.

Vor den fast bodentiefen Wohnzimmerfenstern ist eine große, fast geschlossene Terrasse, zum Teil überdacht. Darauf eine moderne, schwarze Flechtsitzgruppe mit wunderschönem Esstisch. Wir verschließen den seitlichen Ausgang der mit Holz verkleideten Terrassenbrüstung mit einem mitgebrachten Gitter, so dass wir die Wohnzimmertüre auflassen und unsere Hündin stressfrei rumlaufen kann.

Nachdem wir ausgepackt haben, setzen wir uns mit einem Getränk auf die Terrasse und genießen das, was diese Hütte ausmacht. Gerade aus blicken wir auf eine Koppel auf der Ponys grasen, sehen rechts die ansteigenden Dünen Richtung Kirche und blicken gerade aus - ungehindert - aufs Meer. Das ist der Traum dieses Hauses. Gleich ob auf der Terrasse draußen oder vom Essplatz in der Hütte aus. Wir schauen aufs Meer. Ich bin glücklich. Brauche ich etwas anderes, als diesen Platz? Nein.

Ich nehme dafür alles alte in der Hütte in Kauf, auch die rutschenden Kissen der Couch oder dass oben in der Siedlung jemand sägt, bohrt, hämmert. Die Aussicht macht alles wett. Das ist unser Zuhause für unseren Urlaub und wir fühlen uns wohl. Ich bin dankbar, dies erleben zu dürfen.

Ein Spaziergang führt uns vorbei an der Koppel, an Wildrosenbüschen, durch die Dünen Richtung Meer. Spätestens jetzt sinken die Schuhe in feinsten Sand, dann folgen immer mehr Steine und Muscheln und der Blick aufs endlose Meer. Doch davon ein anderes mal mehr.

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Ein Blick auf die Uhr, wir haben 9 Uhr. Unsere Hündin Minu sagt Bescheid: Jetzt ist es aber Zeit für die Gassirunde. Recht hat sie. Ich schreibe ein anderes Mal weiter.

Freitag vormittag, 21. Oktober. Ich habe den Text nochmals durchgelesen, mit Bildern versehen und werde ihn jetzt ins Netz stellen. Zuerst wollte ich alles fertig schreiben und dann erst veröffentlichen. Heute bin ich der Meinung: Stück für Stück immer wieder in diese Welt abtauchen ist noch schöner. Also bis zum nächsten Mal, wo es weiter mit unserer Urlaubsreise geht ...

Ihre Anja Kolberg

Nachtrag: Weiter geht's mit dem Bericht vom Meer hier mit Teil 2.

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Erstellt durch: Anja Kolberg am Freitag, 21 Oktober, 2016
Thema: Blog - 2016, 2. Halbjahr, Blog - Dänemark
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